Christian Hartung - Pfarrer und Schriftsteller
Dünenkinder
Goldener Sand golden die Luft das Licht bevor es geht
das Meer hat gute Gründe zu bleiben wir sind Besuch
Sand schmeckt wenn man will im Haus essen wir Sandkekse
die Dünen hecken Rosen aus und decken die letzten Häuser
andere Kekse haben die Farben der Rosen und der Fahnen
Diese Düne dort die hohe wäre jetzt wohl das Schloss
im Sand denken Füße alleine der Kopf muss nur spielen
Der Wind versteht die Sprache des Strandhafers wir jetzt auch
Möwen erzählen alles werde anders die Dünen flüstern es nach
goldenen Sand nimmt die Haut zur Erinnerung mit nach Hause
(veröffentlicht in: Matrix Nr. 4/2007)
Variation über einen Gedanken von Pascal
Es gibt Spinnweben voll Musik auf der Unterseite des Wassers und es
ist zwar unvorstellbar, doch zu berechnen, wie daraus die Wellen in
unbegreiflich klarem Spiel mit zarter Präzision immer neu werden, so
dass Möwenaugen Punkte in der endlosen Einheit sehen, die
Gott noch täglich und nächtlich aufs Neue mischt –
sei es aus Freude oder aus Geduld –
und auf seine Karten einzeichnet in
unbegreiflich schön klingenden Mustern, so
dass man wisse, sagt
er, dass es
nicht beendet
sei
(veröffentlicht in: Muschelhaufen Nr. 44/2004)
Hypothek auf den nächsten Sonnenaufgang
Die halbe Stille hält sich Kinderstimmen an und dreht sich
unentschieden im Spiegel bevor der Fluss schließt
Feierabendfrauen löschen ihren letzten Sonnendurst
Das Licht flieht über fremde Schwellen auf den Wellen
tanzen noch die Splitter zwischen den Häusern
erinnert sich das Schweigen an die Kinder
Geschlossene Augen teilen den Berg hinter dem
die Sonne verschwand und reichen ihr die Scherben
des Abends dass sie kommende Tage darin spiegele
(veröffentlicht in: erostepost Nr. 24/2001)
Sonnenzimmer Schattenweg
Jemand ließ dem Spätnachmittag ein Fenster offen: müßig
blättert er in den Erinnerungen abgelegter Sommer
Geigenlicht fällt durch die angelehnte Tür doch
die Bäume distanzieren sich schon
Auf dem Boden machen die Sonnenflecke
kichernd unglaubwürdige Versprechen
Dann verstummt das Nebenzimmer
die unschlüssigen Schritte auf dem Kies
bekommen etwas Vorläufiges
Das Zimmer ist zu leer
und draußen kommt niemand
der das Fenster schließen könnte
(veröffentlicht in: erostepost Nr. 24/2001)
aus dem aktuellen Projekt “Porträts. Sonette”:
Mélanie Laurent
verführung und ein flinker zauber lachen
aus deinen übermütig grünen augen
und leuchten plötzlich auf in koboldwachen
offerten die zu spott und freundschaft taugen
gefühle kannst du leichter hand entfachen
und übergangslos deine tränen wagen
dir spielend fremde last zu eigen machen
und sie auf schmalen schultern selber tragen
mit leisen liedern suchst du gegenliebe
versunken tanzend auf zu dünnen seilen
doch fällst du schützt dich nichts mehr gegen hiebe
willst dennoch gleich zum nächsten wagnis eilen
die arme voller glück ach dass es bliebe
in deiner nähe lustig zu verweilen
Johnny Depp
ein blick wie ein erfreut verblüffter hund
wenn sich die schönsten für dich interessieren
die augen warten schweigend auf den mund
der besser küssen könnte als parieren
ein typ mit dem man gar nicht rechnet und
der scheinbar nichts so gut kann wie verlieren
die andern sahnen ab da läuft es rund
ja du durchschaust das spiel doch sie regieren
von oben aber fällt man um so tiefer
wenn alles glatt geht langweilt sich das glück
und spielt den siegertypen einen streich
du wartest ab bis sich das ungeziefer
von selber dezimiert und kehrst zurück
mit der prinzessin und dem halben reich
ältere, bereits veröffentlichte Texte: